Im Jahr 2000 führte die Stadtverwaltung Graz einen Wettbewerb zur Errichtung eines Literaturhauses im Kontext des bestehenden „Kulturhauses“, eines Palais aus dem 19. Jahrhundert, durch. Das „Kulturhaus“ verfügt über einen L-förmigen Grundriss, dessen längerer Flügel an einer breiten, stark befahrenen Straße liegt, während der kürzere Teil in eine Seitengasse reicht. Auf diese städtebauliche Situation wurde mit der Bebauung des Hofes reagiert, wodurch sowohl der Bestand als auch der etwas tiefer liegende parkähnliche Garten südlich des Palais von baulichen Maßnahmen frei gehalten werden konnte. Der Neubau besteht aus zwei gelb pigmentierten Sichtbetonkörpern: Einem flachen Kubus, der den Grundriss des Bestandes, in dem Büro- und Bibliotheksnutzungen untergebracht sind, bis zur Höhe des Eingangsgeschoßes zum Rechteck schließt und den Veranstaltungssaal, dessen Südfassade sich zu einem im Bezug zum Garten noch einmal tiefer gelegten Platz mit Sitzstufen öffnet, beherbergt. Ein schmälerer, zweigeschossiger Kubus schließt das L des Bestandes bis auf einen schmalen Spalt, in dem ein gläserner Lift die Verbindung herstellt, zu einem U und beinhaltet ein Café auf der unteren sowie das Archiv auf der oberen Ebene. Auf dem Dach des Sockelgebäudes entsteht dadurch eine hochwertige Terrasse. Aus der klaren Positionierung der beiden neuen Baukörper, ihrer materiellen und farblichen Homogenität und den diversen Niveauunterschieden und Bezugsflächen ergibt sich vor dem Hintergrund des städtebaulichen Kontexts ein genau ausbalanciertes Gleichgewicht, das das spezifische Verhältnis zwischen der Stadt und der Literatur widerspiegelt – ein Verhältnis, das vom Aufeinandertreffen extrem unterschiedlicher Komponenten lebt und in Summe ein überraschendes, vitales Ganzes ergibt.
Text: Eva Guttmann (gekürzt und redigiert)